Das tschechische Malprojekt „Experiment“ geht weiter!
Im Jahr 1994 begegnen sich vier Malerinnen an der Fakultät für Bildende Künste in Brünn/ CZ. Es sind dies die 3 Kunststudentinnen Marie Nováková, Kateřina Rutherford Pinďáková, Jana Rozková (Černohausová) aus Mähren CZ und Doris Windlin aus der Schweiz, die zuvor an der Kunstschule „Kunstseminar Luzern“ Malerei studiert hat und seit 1996 in Poděvousy in Westböhmen lebt.
Gemeinsam besuchen sie das „Atelier für Malerei“ der Fakultät der Bildenden Künste, das kurzzeitig von Radoslav Kutra, dem Gründer des Kunstseminars, geleitet wird. Nach mehreren Mal- Aufenthalten in Italien und dem Abschluss des Kunststudiums in Brünn, entsteht bei den Malerinnen das Bedürfnis, eine Malgruppe zu gründen, die sich theoretisch und praktisch mit der visuellen Kultur der SCHULE DES SEHENS von Radoslav Kutra auseinandersetzt. 2006 schliesst sich Marie Smetanová aus Prag als weitere Malerin der Gruppe an, die ebenfalls am Kunstseminar Luzern studiert und schon länger mit der Malgruppe zusammen gearbeitet hat.
Die Künstlergruppe der 5 Malerinnen besteht seit 1996 und nennt sich EXPERIMENT 2 in Anlehnung an die Künstlergruppe „Experiment“, die in den 60-er Jahren des letzten Jahrhunderts in Prag aktiv war.
Zu dieser Gruppe gehörten die Maler František Dvořák, Miloslav Jemelka, Radoslav Kutra und Jaroslav Uiberlay; alle geboren in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts.
Sie gehörten zu einer Generation von Künstlern, die in den 60 er Jahren in der Tschech-oslowakei begannen, sich gegen die lähmende Agonie des offiziellen, kommunistischen Kunstdiktates aufzulehnen. Es bildeten sich zahlreiche Künstlergruppen, deren Ziel es war, die vulgäre Uniformität des beschreibenden sozialistischen Realismus zu überwinden.
Der rege künstlerische Austausch unter den verschiedenen Künstlergruppen – in oft hitzigen Debatten und Diskussionen – führte zur Ausformung von verschiedenen Kunstrichtungen. Die Künstler setzten sich vor allem mit den Kunstbewegungen der Zwischenkriegszeit in der Tschechoslowakei und Europa auseinander, wo die Kunst noch lebendig und entwicklungsfähig war.
Ihr grösster politischer Erfolg, zusammen mit dem „Experiment“, war die Gründung des „Verbandes der tschechoslowakischen Künstler“. Dieser erreichte 1964 auf dem Höhepunkt der Bewegung eine Entspannung zwischen Regime und Künstlerverband. Dank des Künstlerverbandes konnten viele junge Künstler ausstellen, die sonst unbekannt geblieben wären.
Die Künstlergruppe „Experiment“ gründete ihre Malerei auf dem Prinzip der farbigen Wahrnehmung, das von den Impressionisten entdeckt worden war. Sie warben damit für eine Erneuerung der Malerei in der modernen europäischen Kunst. Gleichzeitig war auch eine vergeistigte Kunst für sie sehr wichtig, die sie als eine Wiederbelebung der christlichen Malerei verstanden. Das „Experiment“ bestand als aktive Gruppe nur kurze Zeit.
Radoslav Kutra jedoch übernahm die Gedanken des „Experiments“ und entwickelte sie weiter. 1968 in die Schweiz geflüchtet, gründete er 1973 das Kunstseminar Luzern, die Kunstschule für Malen, Sehen und Kunstorientierung. Aus seiner Unterrichtstätigkeit entwickelte er die Pädagogik der „ Schule des Sehens“, eine malerische Basis für alle Menschen, die das Bedürfnis zum Malen haben.
In der Nachfolge der ersten „Experiment“-Gruppe um Radoslav Kutra führen die 5 Malerinnen des EXPERIMENT 2 in Tschechien die Tradition der Kunst des Sehens mit einer regen künstlerischen Tätigkeit weiter, dazu gehören: jährliche Maltreffen im Sommer in der tschechischen Landschaft Sázava, gemeinsame Ausstellungen, eigene Unterrichtstätigkeit, Weiterentwicklung der persönlichen Malerei und neu seit 2012 die Gründung des Vereins“ Freunde der Schule des Sehens“.